Bautechnik

Haus für sensible »Bewohner«


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Es ist fast 96 m lang und 30 m breit, nahezu fensterlos und erinnert ein bisschen an eine landwirtschaftliche Scheune. Doch der äußere Schein trügt, denn das Gebäude beherbergt in seinem Innern echte Schätze. Kunstschätze, um genauer zu sein. Das Haus ist das Zentrale Kunstdepot Freiburg (ZKD) und wurde bewusst unscheinbar gestaltet. Im Innern lagern die Stadt Freiburg, die Stiftungsverwaltung Freiburg und die Erzdiözese Freiburg die Gemälde, Plastiken und andere Kunstobjekte, die sie aus Platzgründen nicht in ihren Museen ausstellen können. Vor dem Umzug in das ZKD befanden sich die Kunstwerke an diversen Standorten und waren teilweise unter klimatischen Bedingungen untergebracht, die den Kunstwerken eher schadeten.

Aus diesem Grund hatte sich die Stadt Freiburg bereits in den 1990-er Jahren auf den Weg gemacht, ein adäquates Lager errichten zu lassen. Doch die Initiative endete damals in einer Sackgasse. 2006 ging das Vorhaben erneut an den Start und weil die Stiftungsverwaltung Freiburg und die Erzdiözese Freiburg mit der Lagerung ihrer Kunstwerke dieselben Probleme hatten wie die Stadt, fiel die Entscheidung gemeinsam ein zentrales Kunstdepot zu errichten. Die Aufgabe des Bauherrn übernahm die Freiburger Stadtbau GmbH.

Als Standort bot sich ein städtisches Grundstück im Gewerbegebiet in Freiburg-Hochdorf an. Den Auftrag für die Planung erhielten Pfeifer Kuhn Architekten, Freiburg. Sie waren sich darüber im Klaren, dass sie ein Haus für äußerst sensible „Bewohner“ entwerfen mussten, die absolute „Ruhe“ und „Dunkelheit“ und definierte, gleichmäßige klimatische Bedingungen haben wollen. Außerdem sollte das ZKD als Passivhaus und Null-Emissions-Gebäude geplant und errichtet werden. Entsprechend sah die Lösung aus: eine Schutzhütte mit einfachen Geometrien, Satteldach und wenigen Öffnungen.

Ein weiterer wichtiger Planungsaspekt war Sparsamkeit. Bei den Kosten, beim Einsatz der Ressourcen und beim Energieverbrauch im Betrieb. Zu berücksichtigen war weiterhin die Möglichkeit, das Haus flexibel nutzen und bei Bedarf noch erweitern zu können. Zusammengefasst bedeutet das: Effizienz in allen Bereichen von der Fläche über die Konstruktion bis hin zum Materialeinsatz.

Die Gründung des ZKD erfolgte auf einer elastisch gebetteten Platte mit einer 60-70 cm dicken Tragschicht als Bodenaustausch. Der tragende Untergrund besteht aus einer ca. 50 cm dicken Schluffschicht, die über dem Schwarzwaldkies liegt. Damit wurden alle statischen, wirtschaftlichen und bauphysikalischen Anforderungen erfüllt. Eine Besonderheit bildet der Schutz vor Hochwasser. Obwohl der Bemessungswasserstand maximal bis zur Unterkante der Bodenplatte geht, wurden die Bodenplatte als weiße Wanne geplant und zusätzlich ein 50 cm hoher umlaufender Sockel über der Bodenplatte ebenfalls in WU-Bauweise ausgeführt.

Errichtet wurde das ZKD als zweigeschossige Massivkonstruktion. Ausgeschrieben war eine reine Betonkonstruktion, alternativ Kalksandstein mit möglichst wenig Beton. Ausgeführt wurde die zweite Variante. Rund 80% der Innen- und Außenwände bestehen aus Kalksandstein, 20% aus Stahlbeton. Die Entscheidung für Kalksandstein fiel insbesondere aufgrund sehr guter bauphysikalischer Eigenschaften des massiven Baustoffs Kalksandstein von KS*. Kalksandsteine brennen nicht und entsprechen der Bauklasse A nach DIN 4102. Sie bieten außerdem den Vorteil, dass sie klimaregulierend wirken und zu einem gleichmäßigen Klima beitragen. Damit ermöglichen die KS* Kalksandsteine, den Aufwand für die Klimatechnik zu reduzieren – bei der Erstinvestition und im Betrieb. Um die strengen Anforderungen an die Passivhauskonstruktion zu erfüllen, zeichnet sich das ZKD durch eine hohe Luftdichtheit der Gebäudehülle, wärmebrückenarme Konstruktionen sowie eine Wärmedämmung von 24 bis 30 cm aus. Das Haus ist von einer Hülle aus Polycarbonat-Wellen umgeben, die das Holz der dahinter liegenden Konstruktionsebene vor Witterungseinflüssen schützt.

Zu den Merkmalen des ZKD gehören sehr hohe Wände, bis 4,50 m und in einigen Bereichen bis zu 7 m. Um die Knicklänge des Mauerwerks zu halbieren, wurde über den Türen ein umlaufender Ringgurt eingezogen. Die horizontale Aussteifung erfolgte sowohl über die KS-Mauerwerkswände als auch über die Stahlbetonwände. Die KS-Innenwände besitzen eine Dicke von 20 cm, die KS-Außenwände von 24 cm. Zum Einsatz kam Kalksandstein der Rohdichteklasse 2,0 und der Steinfestigkeitsklasse 20. In der Mitte des 96 m langen Bauwerks ist eine Dehnfuge ausgeführt.

Um die Kunstwerke richtig zu lagern und für die Nachwelt zu erhalten, darf es im Innern des ZKD nicht zu warm, nicht zu kalt, nicht zu trocken und natürlich nicht zu feucht sein. Die optimalen Temperaturen liegen zwischen 22°C im Sommer und 16°C im Winter. Die relative Feuchte der Raumluft sollte idealerweise zwischen 40 und 55% liegen. Klimatische Veränderungen – Temperatur und/oder Luftfeuchte – dürfen zum Schutz der Kunstobjekte nur in kleinen Schritten erfolgen. Dies erforderte beim ZKD zusätzlich eine technische Klimatisierung, eine Be- und Entfeuchtung sowie eine exakte Regelungstechnik. Mit Blick auf die Zukunft und die knapper werdenden Ressourcen wurde außerdem versucht, eine möglichst zukunftssichere und nachhaltige Energieversorgung sicher zu stellen. Durch die ausgeführte Konstruktion wurde der Bedarf für Heiz- und elektrischer Energie auf ein notwendiges Minimum reduziert. Die Wärmeerzeugung erfolgt zu ca. 95% durch ein Blockheizkraftwerk (BHKW), das neben der Wärme auch Strom erzeugt. Damit beträgt der Primärenergiebedarf für die Wärmeversorgung umgerechnet nur 10 kWh/m²a. Die Depoträume werden über zwei Lüftungsanlagen be- und entlüftet. Für die Befeuchtung wird demineralisiertes Wasser unter Hochdruck in die Zuluft eingebracht und über das BHKW aufgeheizt.

Der elektrische Energiebedarf für die technischen Anlagen liegt bei ca. 22 kWh/m²a, für die Werkstätten und Depoträume bei ca. 15 kwh/m²a. Eine Solaranlage mit einer Leistung von 250 kWp deckt nahezu den gesamten (Primär-)Energiebedarf des ZKD und produziert sogar einen Energieüberschuss von 20%. Das Depot ist so geplant und konstruiert, dass die auf das Gebäude auftreffende Solarenergie ausreicht, um den gesamten Primärenergiebedarf im Gebäude (105 kWh/m²a) zu decken. Somit wird über das gesamte Jahr keinerlei Primärenergie verbraucht.

Mit der massiven Konstruktion aus Kalksandstein stellten die Planer sicher, dass das Haus unabhängig von der technischen Ausstattung sehr langsam auf äußere Einflüsse reagiert. So kann das Gebäude selbst bei Stromausfällen das eingestellte Klima über mehrere Tage konstant halten und seine Schätze wirksam schützen.

www.cka-architekten.de
www.guenterpfeifer.de
www.ks-original.de

Das ZKD ist fast 96 Meter lang und 30 Meter breit und wirkt subtil unscheinbar. Foto: Städtische Museen Freiburg – Markus Frietsch Das Zentrale Kunstdepot Freiburg (ZKD) wurde weitestgehend aus KS* Kalksandstein errichtet und beherbergt Kunstschätze der Stadt Freiburg, der Stiftungsverwaltung Freiburg und der Erzdiözese Freiburg. Foto: Claudius Pfeifer Das Haus ist von einer Hülle aus Polycarbonat-Wellen umgeben, die das Holz der dahinter liegenden Konstruktionsebene vor Witterungseinflüssen schützt. Foto: Claudius Pfeifer Durch die Ausführung mit Kalksandstein von KS* kann das Gebäude selbst bei Stromausfällen das eingestellte Klima über mehrere Tage konstant halten und seine Schätze wirksam schützen, hier ein Blick auf die Gemäldezuganlagen. Foto: Städtische Museen Freiburg – Markus Frietsch Die innere Konstruktion ist massiv als regulierender Speicher für ein gleichmäßig stabiles Klima ausgeführt. Foto: Städtische Museen Freiburg – Markus Frietsch Grundriss EG. Quelle: Pfeifer Kuhn Architekten, Freiburg Das Süddach ermöglicht die großflächige Nutzung von Photovoltaik. Durch die starke Neigung des Norddachs kann baurechtlich auf die aus konservatorischen Gründen unerwünschte Dachbegrünung verzichtet werden. Quelle: Pfeifer Kuhn Architekten, Freiburg Die Verteilung in beide Geschosse erfolgt zentral über den Funktionsbereich, in dem sich alle Logistik- und Arbeitsbereiche befinden. Die einfache lineare Struktur ermöglicht eine wirtschaftliche Erweiterbarkeit des Gebäudes. Quelle: Pfeifer Kuhn Architekten, Freiburg

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