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Von Stolpersteinen und Charakterköpfen: Nachfolgeregelungen in der Baubranche


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„Das guckt sich weg“ mag zwar der Klassiker unter den Baustellensprüchen sein, für das Problem der Nachfolgeregelung gilt er aber ganz sicher nicht. Im Gegenteil: Die Baubranche steckt mitten in einem Generationenwechsel, Nachfolgeprozesse sind oder werden vielerorts sichtbar akut. BauPlus GmbH Consulting, eine Unternehmensberatung mit Spezialisierung auf die Baubranche, kennt sich mit der Nachfolgethematik aus – an die 50 Nachfolgeprojekte hat das Unternehmen in den letzten 20 Jahren begleitet, vom Handwerksbetrieb bis zur Bauunternehmung mit 500 Mitarbeitern. Und nicht zuletzt: Gründer und Geschäftsführer Dr. Michael Rheindorf und sein Sohn Maximilian stecken selbst gerade in einem Nachfolgeprozess.

Redaktion Baufachzeitung: Herr Rheindorf, wer ist der Personenkreis, der sich um eine Nachfolgeregelung bemühen sollte? Ist das eine reine Altersfrage oder sollte man auch für temporäre Abwesenheiten vorbeugen?

Rheindorf Senior: Der typische Personenkreis besteht immer aus Nachfolger und aktuellem Inhaber; bei Familienunternehmen kann es auch die ganze Familie sein. Externe Vertraute und Partner, wie beispielsweise die Bank oder der Steuerberater, sollten ebenfalls involviert werden. Was das Alter angeht, gilt „je früher desto besser“. Denn gerade im Nachfolgefall will gut´ Ding Weile haben. Je mehr Zeit bleibt, um alle Aspekte zu regeln, umso größer sind die Erfolgschancen – auch, was das Verständnis und die Anerkennung aller Beteiligten angeht. Außerdem sichert sich der Inhaber bei einer frühzeitigen Regelung auch für nichtvorhersehbare Notfälle wie einen Unfall, eine plötzliche Krankheit oder ähnliches ab. In einem solchen Fall können neben dem Nachfolger aber auch externe Berater wie wir Feuerwehr spielen und bei einer reibungslosen Betriebsfortführung unterstützen.

Redaktion Baufachzeitung: Welche Managementebene kommt für die Nachfolgeregelung in Frage, ist das nur die Spitze des Unternehmens oder muss man genauer hinschauen?

Rheindorf Junior: Diese Frage muss sich jedes Unternehmen ganz individuell stellen. Eigentlich kommt jeder in Frage, der das fachliche und emotionale Potential mitbringt; dafür muss er nicht zwingend der Managementebene angehören. Letztlich muss es einfach passen.

Redaktion Baufachzeitung: Nachfolgeregelungen sind oft vielschichtiger als zunächst gedacht. Was sind die wesentlichen Aspekte?

Rheindorf Senior: Zunächst einmal müssen das passende Nachfolgemodell und/oder ein geeigneter Nachfolger ausgewählt werden. Parallel dazu gilt es, rechtliche, finanzielle und steuerliche Aspekte zu berücksichtigen. Viele unterschätzen außerdem die emotionalen Komponenten. Dabei ist es neben den zeitlichen und fachlichen Faktoren oft das Zwischenmenschliche, das den Nachfolgeprozess schwierig oder angenehm gestaltet.

Redaktion Baufachzeitung: Worin liegen die speziellen Herausforderungen in der Baubranche?

Rheindorf Junior: Die Baubranche ist sehr familiär aufgestellt; genau das führt aber manchmal zu Schwierigkeiten. Denn die scheidende Generation ist nicht selten geprägt von charakterstarken Allroundern. Sie haben ihr Fach von der Pike auf gelernt und sind gemeinsam mit ihrem Unternehmen und in ihrer Rolle als „Chef“ gewachsen. Ihre Kompetenzen sind entsprechend breit gefächert und beruhen auf jahrzehntelanger Erfahrung in allen relevanten Feldern.
Die Jung-Unternehmer sind in der Regel „nur“ auf Teilbereiche spezialisiert – zum Beispiel sind sie eher der betriebswirtschaftliche oder aber der technisch ausgebildete Typ. Sie brauchen Zeit und Raum, um die notwendigen Fachkenntnisse der jeweils anderen Bereiche zu erlangen und den nötigen Respekt bei Mitarbeitern und Kunden zu gewinnen. Das erfordert Geduld auf allen Seiten; und manchmal auch externe Hilfestellung. Wir bieten beispielsweise Arbeitskreise an, in denen wir die Jung-Unternehmer bei ihrem Werdegang an die Hand nehmen oder ihnen einen Austausch mit anderen Jung-Unternehmern aus der Branche ermöglichen. Das ist sehr hilfreich.

Redaktion Baufachzeitung: Wie viel Zeit sollten Unternehmen im Idealfall einplanen, wenn sie einen Übergabeprozess angehen möchten? Und wo sehen Sie die größten Fallstricke?

Rheindorf Senior: Rund fünf Jahre sollten es schon sein. Der Jung-Unternehmer ist sonst nicht in der Lage, technisches Verständnis, kaufmännisches Wissen und Soft Skills wie Führungsqualitäten in sich zu vereinen oder diese überhaupt erst zu erwerben. Schwierig wird es außerdem, wenn, wie oben erwähnt, emotionale Aspekte den Übergabeprozess ausbremsen. Das kann insbesondere bei Nachfolgeprozessen innerhalb der Familie der Fall sein.

Rheindorf Junior: Die Eigentümer, vielfach ja auch die Gründer der Unternehmen, sind oft nicht bereit, wirklich loszulassen. Den Übernehmenden fehlt es dann schnell an Akzeptanz und Rückenwind für die Umsetzung eigener Ideen. Sprich, sie müssen oft gegen eine „das-haben-wir-immer-schon-so-gemacht“-Mentalität ankämpfen. Das kostet Zeit und Nerven – auf beiden Seiten. Und das spüren dann leider auch alle anderen Beteiligten. Externer Rat, sprich ein neutraler „Vermittler“, oder spezielle Workshops, wie unsere Generationen-Workshops, können in solchen Fällen wertvolle Dienste leisten.

Redaktion Baufachzeitung: Wie müssen Bauunternehmen ihren Übergabeprozess gestalten, damit er reibungslos gelingt? Welche Schritte müssen sie in jedem Fall berücksichtigen?

Rheindorf Senior: Eine Übergabe muss vor allem eins sein: von vorne bis hinten durchdacht. Das heißt auch, dass die Wünsche aller Beteiligten von Beginn an klar auf dem Tisch liegen. Wir nennen diesen Start „Wunschkonzert“. Auf dieser Grundlage erstellen wir für unsere Kunden nachhaltige Nachfolgekonzepte, welche die Zeitplanung, Finanzierung, Steuer- und Personalfragen sowie Ausrichtung des Unternehmens klar vorzeichnen.
Dabei bedarf es immer praktikabler und realistischer Veränderungsprozesse, die die Beteiligten nicht er- bzw. verschrecken dürfen. Und als vernünftige Entscheidungsgrundlage ist eine umfassende Unternehmensanalyse und -wertermittlung unerlässlich; nicht zuletzt auch, wenn es darum geht, in möglichen Verhandlungssituationen eine transparente und faire Position zu haben. Schließlich ist es immer gut, konfliktlösende Strategien in petto zu haben, sollte es im Laufe des Übergabeprozesses zu Unstimmigkeiten kommen.

Redaktion Baufachzeitung: Wann und in welchen Bereichen ist externe Hilfestellung gefragt?

Rheindorf Junior: Ein neutraler Blick von außen kann niemals schaden, gerade, wenn es um Nachfolgeregelungen geht. Die Sichtweise eines kompetenten branchenerfahrenen Externen hilft immer dabei, Situationen und Prozesse ohne Scheuklappen zu bewerten und sinnvolle strategische Entscheidungen zu treffen. Spätestens aber, wenn es um den Bereich Finanzierung sowie steuerrechtliche und gesellschaftsrechtliche Aspekte geht, ist das nötige Know-how selten inhouse vorhanden.

Redaktion Baufachzeitung: Sie befinden sich selbst gerade in einem Übergabeprozess. Wie läuft es bei Ihnen? Wie profitieren Sie selbst von Ihrer Beratungsexpertise? Und was nehmen Sie aus Ihren eigenen Erfahrungen für Ihre Kunden mit?

Rheindorf Senior: Es ist natürlich von Vorteil, wenn man aufgrund der eigenen langjährigen Beratertätigkeit schon viele Nachfolgefälle begleitet hat und deswegen die typischen Schwierigkeiten und ihre Lösungsmöglichkeiten kennt. Trotzdem ist und bleibt man bei der eigenen Nachfolgeregelung natürlich auch in der Rolle des Vaters verhaftet und ertappt sich selbst dabei, dass die Grenzen aus geschäftlichem und privatem Verhalten schon einmal verschwimmen. Die Erkenntnis darüber kommt aber sicherlich schneller. Das hoffe ich zumindest?

Rheindorf Junior: Es ist wohl wie in vielen Bereichen: Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist nicht immer leicht. Generell klappt es aber sehr gut bei uns; allein schon, weil wir im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen keinen Zeitdruck haben. Das ist sicherlich der Kundenerfahrung meines Vaters geschuldet. Auf der anderen Seite können wir uns natürlich sehr gut in innerfamiliäre Nachfolgeprozesse hineindenken und bei der Beratung sowohl die Junioren als auch die Senioren verstehen, sprich, wir haben immer einen kompetenten Ansprechpartner.

Kurz-Vita Autoren:
Dr. Michael Rheindorf (Jahrgang 1961) betreute schon früh als Geschäftsführer einer mittelständischen Unternehmensberatungsgesellschaft Bauunternehmen und Bauinvestoren. Nach acht Jahren zog es ihn in die Geschäftsleitung eines mittelständischen Bauunternehmens. 1999 gründete er die BauPlus GmbH Consulting.

Michael Rheindorf
Michael Rheindorf


Maximilian Rheindorf (Jahrgang 1995) arbeitete zunächst studienbegleitend bei der BauPlus GmbH Consulting. Nach Abschluss seines Studiums der Betriebswirtschaftslehre stieg er Vollzeit in das Unternehmen ein und bereitet sich aktuell auf seine Position als zukünftiger Geschäftsführer vor.

Maximilian Rheindorf
Maximilian Rheindorf

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