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Novellierung der Immobilienbewertung


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Im Zuge der Beratung zum Entwurf des Jahressteuergesetz 2022 (BT-Drucks. 20/3879) hat sich der Bundestag auch mit Änderungen des Bewertungsgesetzes befasst, was aller Voraussicht nach Auswirkungen auf das Vererben und Verschenken von Immobilien haben wird.

Die geplante Novellierung der Bewertungsmaßstäbe von Immobilien hat insbesondere Auswirkungen auf Vorgänge, bei denen eine Immobilie auf einen neuen Eigentümer übertragen wird, ohne dass hierfür ein Kaufpreis bezahlt wird, was insbesondere bei Erbschaften und Schenkungen der Fall ist.

Wird eine Immobilie nicht – zu einem marktüblichen Preis – verkauft, sondern vererbt oder verschenkt, so wird der Wert der Immobilien von den Finanzämtern nach den Grundsätzen des Bewertungsgesetzes ermittelt, um die anfallende Steuer (Schenkung-, Erbschaft- oder Grunderwerbsteuer) berechnen zu können.

Das Bewertungsgesetz sieht für die Bewertung von Immobilien drei verschiedene Methoden vor:

1. Das Vergleichswertverfahren gem. §§ 182 Abs.2, 183 BewG

Das Vergleichswertverfahren findet bei der Bewertung von Wohnungseigentum, Teileigentum und Ein- und Zweifamilienhäuser Anwendung. Bei der Wertermittlung nach dem Vergleichswertverfahren sind Kaufpreise von Grundstücken heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmale mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmen, d.h. man orientiert sich an den bereits erzielten Kaufpreisen für vergleichbare Immobilien in der Umgebung des Bewertungsobjekts.

Oft ist es allerdings schwierig, Vergleichsobjekte heranzuziehen, da Immobilien meist sehr unterschiedlich hinsichtlich Bauweise, Qualität, Renovierungszustand und Ausstattung etc. sind. Da das Vergleichswertverfahren immer an der Vergangenheit ausgerichtet ist, kann es bei steigenden oder fallenden Preisen ferner oft zu Über- oder Unterbewertungen kommen.

2. Das Ertragswertverfahren gem. §§ 182 Abs. 3, 184 BewG

Das Ertragswertverfahren findet bei der Bewertung von Mietwohn- oder Geschäftsgrundstücken, also bei Anlageobjekten, Anwendung, bei denen hinsichtlich der Bewertung letztlich die Rendite kapitalisiert wird. Das Ertragswertverfahrens setzt dabei voraus, dass eine übliche Miete ermittelt werden kann.

3. Das Sachwertverfahren gem. §§ 182 Abs. 4, 185 BewG

Das Sachwertverfahren wird immer dann angewendet, wenn das Vergleichswertverfahren mangels Vergleichswerten nicht durchgeführt werden kann oder wenn die für das Ertragswertverfahren notwendige übliche Miete nicht bestimmt werden kann.

Die Bewertung von Immobilien durch das Sachwertverfahren orientiert sich an den fiktiven Herstellungskosten.

Voraussichtliche Änderungen

Die nun geplante Änderung hat nicht etwa die Erhöhung der Steuersätze oder die Verringerung von Abzugsmöglichkeiten oder Freibeträgen zum Inhalt, sondern die Erhöhung der Werte, die der Steuerfestsetzung unterliegen. Vereinfacht gesagt heißt das, dass sich eine höhere Steuerlast letztlich daraus ergeben wird, dass das Finanzamt annimmt, dass die übertragenen Immobilien mehr wert sind, (als nach bisheriger Berechnungsmethode) was automatisch zu einer höheren Versteuerung führt.

Zum Tragen wird die höhere Bewertung voraussichtlich dann kommen, wenn das Vergleichswertverfahren mangels entsprechender Vergleichswerte nicht anwendbar ist, sondern die Bewertung nach dem Ertrags- oder Sachwertverfahren erfolgt.

Sowohl für das Ertragswertverfahren als auch für das Sachwertverfahren spielt die Nutzungsdauer der zu bewertenden Immobilien eine wichtige Rolle. In beiden Bewertungsverfahren wird der Wert eines Gebäudes ins Verhältnis zu einer pauschal gesetzlich festgelegten Gesamtnutzungsdauer gesetzt. Die Novellierung enthält eine wesentliche Erhöhung der Immobilienbewertung, da die Gesamtnutzungsdauer von 70 auf 80 Jahre erhöht werden soll (Anlage 22 BewG-E). Dadurch erhöht sich auch die jeweilige Restnutzungsdauer einer Immobilie, welche zu einem höheren Vervielfältiger und damit letztlich zu einem höheren Immobilienwert führt.

1. Weitere Änderungen im Ertragswertverfahren

Im Ertragswertverfahren dürfte die wohl wichtigste Änderung in der Anpassung der Liegenschaftszinssätze für Mietwohngrundstücke an das Marktniveau (§ 188 Abs. 2 S. 2 BewG-E) von 5% auf 3,5% liegen. Beim Liegenschaftszinssatz handelt es sich vereinfacht gesagt um eine Rentabilitätskennzahl, die für die Ermittlung weiterer Bewertungsgrößen und für das Gesamtergebnis maßgeblich ist. Ein höherer Liegenschaftszinssatz führt regelmäßig zu einem niedrigeren Immobilienwert.

Ferner wird der Ertragswert einer Immobilie durch die Bewirtschaftungskosten gemindert, die bisher pauschal angesetzt wurden. Die Novellierung sieht nun vor, dass sich die Bewirtschaftungskosten aus Verwaltungs- und Instandhaltungskosten und dem Mietausfallwagnis zusammensetzen und nicht mehr pauschal berechnet werden. Die Bewertung bleibt zudem nicht mehr über Jahre gleich, sondern wird jährlich an den vom Statistischen Bundesamt festgestellten Verbraucherpreisindex für Deutschland angepasst. Dies hat zur Folge, dass die Bewertung präziser an der Entwicklung der Marktwerte ausgerichtet wird. Da damit nicht mehr auf teilweise veraltete Mittelwerte zurückgegriffen wird, könnte sich hieraus ebenfalls in manchen Fällen eine höhere Immobilienbewertung ergeben.

2. Weitere Änderungen im Sachwertverfahren

Neben der Erhöhung der Restnutzungsdauer einer Immobilie sieht die Novellierung im Sachwertverfahren ein geändertes Verfahren zur Ermittlung des Gebäudesachwerts vor, welches sich strukturell an die Ermittlung nach der ImmoWertV anlehnt (§ 190 BewG-E). Der Gebäudesachwert soll nun durch Multiplikation der durchschnittlichen Herstellungskosten des Gebäudes mit einem neu eingeführten Regionalfaktor sowie dem Alterswertminderungsfaktor ermittelt werden. Der Regionalfaktor berücksichtigt den Unterschied zwischen dem bundesdurchschnittlichen und dem regionalen Baukostenniveau. Da in gefragten Ballungsgebieten wie München das Baukostenniveau regelmäßig überdurchschnittlich hoch ist, werden hier die Bewertungsergebnisse tendenziell steigen, was zu einer Werterhöhung führt

Eine weitere Erhöhung der Bewertung ist ferner von der Anhebung der sog. Wertzahlen zu erwarten, mit denen die sich im Sachwertverfahren ergebenden Gebäudewerte in Abhängigkeit vom Bodenrichtwert nachgesteuert werden. Bei höherem Bodenrichtwert verringert sich danach tendenziell der Gebäudewert. Diese Wertzahlen sollen nach der Novellierung um zweistellige Prozentzahlen angehoben werden, was werthaltige Immobilien in Bestlagen deutlich teurer erscheinen lassen wird.

Fazit

Da sich in der Ampel-Koalition kein nennenswerter Widerstand gegen die geplante Novellierung formiert hat, ist davon auszugehen, dass die Änderungen der Bewertungsgrundlagen beschlossen werden.

Auch wenn es daher empfehlenswert erscheint, Immobilienschenkungen noch vor Jahresende auf den Weg zu bringen, da maßgeblicher Stichtag für die Entstehung der Steuer (§§ 9, 11 ErbStG), die entsprechende Erklärung vor dem Notar ist, ist dringend davon abzuraten vorschnell zu handeln und Transaktionen ausschließlich aus steuerlichen Gründen vorzunehmen.

Vielmehr sollte mit Ruhe und Bedacht geprüft werden, welche Übertragungen sinnvoll sind. Gegebenenfalls macht es Sinn, dass der ursprüngliche Eigentümer sich beispielsweise ein Nießbrauchsrecht zurückbehalt oder sich für bestimmte Fälle ein Rückübertragungsrecht sichert.

Hier lohnt ein überlegtes Vorgehen unter rechtskundiger Beratung.

Autor: Rechtsanwalt Max-Josef Heider, www.ra-heider.de


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